Prüfstand zur Messung der Eingangsimpedanz hydraulischer Komponenten
Was ist die Eingangsimpedanz und warum es wichtig, sie zu kennen?
Ob Resonanzeffekte in einem fluidtechnischen System auftreten, wird bei gegebener Anregung (z. B. infolge Pumpenpulsation) im Wesentlichen von der Lage der Eigenfrequenzen und der Gestalt der zugehörigen Eigenformen bestimmt. Die Eigenformen und -frequenzen des Leitungssystems hängen wiederum davon ab, welche Randbedingungen an den Leitungsenden vorliegen. Bei den Randbedingungen lassen sich zwei Extremfälle unterschieden:
Bei einem sogenannten „geschlossenen Ende“ wird ein Durchfluss aufgeprägt. Diese Randbedingung ist geeignet, um z. B. ein durch ein versperrtes Ventil abgeschlossenes Leitungsende zu modellieren. Die „festgehaltene“ Geschwindigkeit führt dazu, dass sich ein Geschwindigkeitsknoten und damit ein Druckbauch ausbildet. Ein „offenes Ende“ liegt dann vor, wenn am Rohrende ein Druck vorgegeben wird. Diese Randbedingung wird beispielsweise angewendet, wenn eine Rohrleitung in einen offenen, mit der Umgebung kommunizierenden Tank mündet. In diesem Fall wird dem Leitungsende der Umgebungsdruck aufgeprägt, sodass sich ein Druckknoten ausbildet.
In vielen fluidtechnischen Systemen liegen Leitungsabschlüsse vor, die sich keinem der beiden oben vorgestellten Extremfälle eindeutig zuordnen lassen. Solche „undefinierten“ Leitungsabschlüsse liegen z. B. dann vor, wenn Leitungen in hydrostatische Pumpen und Motoren oder passive Bauteile mit komplexer Geometrie münden. Die sich prinzipbedingt ständig bewegenden Verdrängerelemente (und ggf. Ventile) in hydrostatischen Maschinen verhindern eine Abbildung durch einfache Grundelemente wie Rohrleitungen oder Widerstände. Auch unbewegliche Bauteile mit nicht elementar berechenbaren Steifigkeiten (z. B. Wellschläuche oder Filtergehäuse) oder verzweigten inneren Kanälen führen zu großen Unsicherheiten bei der Abschlussmodellierung und damit bei der daraus resultierenden Schwingungssituation.
Will man Systeme mit solchen Abschlussbauteilen dennoch einer realitätsnahen eindimensionalen Schwingungsanalyse unterziehen, so hat sich die Verwendung eines dynamisch äquivalenten Ersatzsystems bewährt. Ein Ersatzsystem ist eine Anordnung aus hydraulischen Grundelementen (z. B. Widerständen und Kapazitäten), die so parametriert sind, dass ihr Zusammenspiel am abzuschließenden System die gleiche dynamische Wirkung erzielt wie das tatsächliche Bauteil. So kann beispielsweise das Abschlussverhalten vieler hydrostatischen Pumpen und Motoren durch einen hydraulischen Helmholtz-Resonator (Reihenschaltung von einem Rohr und einem Volumen) abgebildet werden.
Zur Ermittlung der Parameter von Ersatzsystemen werden Kenntnisse über das dynamische Abschlussverhalten des tatsächlichen Bauteils benötigt. Das Abschlussverhalten lässt sich durch die sogenannte Eingangsimpedanz quantifizieren. Die Eingangsimpedanz gibt an, in welchem Verhältnis die Potential- und Flussgrößen (hier: Druck und Volumenstromwellen) an der Schnittstelle zum betreffenden Bauteil zueinander stehen.
Im Allgemeinen ist die Eingangsimpedanz eines Bauteils frequenzabhängig und – da meist von Null verschiedene Phasenwinkel zwischen Druck- und Volumenstromwellen vorliegen – komplex. Der Frequenzgang der Eingangsimpedanz realer Bauteile kann zudem aufgrund von nichtlinearem Materialverhalten und geometrischen Nichtlinearitäten druck- undabhängig sein, sodass sich in diesem Fall für jedes stationäre Druckniveau eine andere Impedanzkurve (und ein entsprechend anders parametriertes Ersatzmodell) ergibt.
Wie lässt sich die Eingangsimpedanz ermitteln?
Theoretisch wäre es möglich, die Eingangsimpedanz komplexer Abschlussbauteile durch gekoppelte, dreidimensionale Strömungs- und Strukturmechaniksimulationen zu bestimmen. Aufgrund der langen Berechnungsdauern würde eine Impedanzermittlung nach diesem Prinzip allerdings zu einem nicht vertretbaren Zeit- und damit Kostenaufwand führen. Schneller und günstiger ist dagegen die direkte Messung der Eingangsimpedanz am ausgeführten Bauteil.
Wie wird die Eingangsimpedanz gemessen?
Zur messtechnischen Ermittlung der Eingangsimpedanz kommt bei FLUIDON die „secondary source“-Methode zum Einsatz. Bei diesem in der ISO 10767-1 genormten Verfahren wird das Bauteil, dessen Eingangsimpedanz bestimmt werden soll, an eine Messleitung angeschlossen und durch eine am anderen Leitungsende befindliche Pulsationsquelle (der namensgebenden „secondary source“) im interessierenden Frequenzbereich zu Schwingungen angeregt. Die Anregung wird bei unserem Prüfstand durch ein Wegeventil realisiert, das bei konstantem Offset-Signal mit einem sinusförmigen Eingangssignal angesteuert wird. Die Frequenz des Signals steigt im Verlauf der Messung von 0 Hz bis zur maximalen Frequenz an. Der Systemdruck wird am Druckspeicher über einen Druckregler eingestellt und während der Messung konstant gehalten. Die resultierenden Schwingungen werden durch zwei Drucksensoren in der Messleitung aufgezeichnet. Aus den fouriertransformierten Signalen der beiden Drucksensoren lässt sich in einer nachgeschalteten Auswertung der Druck und der Volumenstrom in der Mitte zwischen den beiden Sensoren berechnen. Da das Übertragungsverhalten der Messleitung bekannt ist, kann von Druck und Volumenstrom an dieser Stelle auf die entsprechenden Größen am Flansch des Bauteils geschlossen werden. Die Eingangsimpedanz des Bauteils ergibt sich dann als das Verhältnis von Druck und Volumenstrom am Prüflingsflansch.
Prüfstandsdaten
- Maximale Anregungsfrequenz: 400 Hz
- Maximaler Systemdruck:
- Niederdruck bis 8 bar
- Hochdruck bis 250 bar
- „Beckhoff“-Messdatenerfassung bis 40 kHz
- Automatisierte Prüfstandssteuerung
Hauseigener „secondary source“-Prüfstand
Ergebnis
Mit dem Verlauf der Eingangsimpedanz kann im Anschluss an die Messung ein Ersatzmodell parametriert werden. Da sich die Impedanzverläufe von Verschaltungen einfacher hydraulischer Grundelemente theoretisch berechnen lassen, können die Parameter (z. B. Längen und Durchmesser) des Ersatzmodells durch eine Optimierungsrechnung im Frequenzbereich automatisch berechnet werden.
Aus der gemessenen Eingangsimpedanz einer Komponente lassen sich auch Aussagen über das Abschlussverhalten ableiten: Ist die gemessene Eingangsimpedanz deutlich größer als die charakteristische Impedanz der abgeschlossenen Leitung, so wirkt die Komponente wie ein geschlossenes Ende. Ist die Eingangsimpedanz dagegen deutlich kleiner als die Leitungsimpedanz, so wirkt die untersuchte Komponente wie ein offenes Ende (z. B. großer Tank). Entspricht die Eingangsimpedanz der charakteristischen Impedanz der Leitung, so werden Druck- und Volumenstromwellen am Übergang Leitung/Prüfling praktisch nicht reflektiert, was einem reflexionsfreien Leitungsabschluss entspricht. Da sich die Eingangsimpedanz des Prüflings meist mit der Frequenz ändert, kann ein und derselbe Prüfling bei einer Frequenz wie ein offenes Ende wirken, bei einer anderen Frequenz aber eher einem geschlossenen Leitungsabschluss entsprechen.
Die nebenstehende Abbildung zeigt beispielhaft den bei FLUIDON gemessenen Verlauf der Eingangsimpedanz eines Tanks, der durch ein Rückschlagventil (RV) in zwei Sektionen unterteilt wird. Zur übersichtlichen Darstellung wurde die ermittelte Eingangsimpedanz dabei in Amplitude (oben) und Phase (unten) zerlegt.
- Ist das RV geschlossen (Schubbetrieb des Verbrennungsmotors), so wird die Eingangsimpedanz nur durch die (vom Tankflansch aus gesehen) erste Sektion bestimmt.
- Das RV ist offen, wenn der Verbrennungsmotor arbeitet und mit Kraftstoff versorgt werden muss.
- Immer wenn der Fahrer „vom Gas geht“ ändert sich also die Eingangsimpedanz des Tanks.
Dieses Beispiel illustriert die Notwendigkeit von Messungen bei verschiedenen Betriebspunkten, falls nichtlineares Systemverhalten zu erwarten ist: Das Öffnen bzw. Schließen führt zu einer drastischen Änderung der Eingangsimpedanz des Tanks, was wiederum eine veränderte Schwingungssituation im angeschlossenen Leitungssystem zur Folge hat.