Prüfstand zur Messung des Übertragungsverhaltens hydraulischer Bauteile

Warum ist das Übertragungsverhalten von Bauteilen wichtig?

Bei der schwingungstechnischen Analyse von Leitungssystemen steht meist die Identifikation kritischer Eigenfrequenzen und der zugehörigen Eigenformen im Vordergrund. Welche Eigenformen sich bei welchen Frequenzen in einem Leitungssystem ausbilden, wird außer durch die Randbedingungen der Leitungen (z. B. „offen“ oder „geschlossen“) maßgeblich vom Übertragungsverhalten derselben bestimmt.

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Wie wird das Übertragungsverhalten von Bauteilen charakterisiert?

Das Übertragungsverhalten einfacher Elemente lässt sich – wie aus der Regelungstechnik bekannt – durch eine sogenannte Übertragungsfunktion charakterisieren. Diese gibt das Verhältnis von der Ausgangs- zur Eingangsgröße eines Systems im Frequenzbereich an. Die Übertragungsfunktion ist im Allgemeinen frequenzabhängig und – da meist von Null verschiedene Phasenwinkel zwischen Ausgangs- und Eingangsgröße vorliegen – in der Regel komplex. Nur bei verhältnismäßig einfachen Elementen wie z. B. einer idealen Induktivität genügt je eine Eingangs- und Ausgangsgröße zur vollständigen Beschreibung des Zustands. In hydraulischen Leitungssystemen werden dagegen mindestens zwei (im Falle der Pneumatik oder Thermohydraulik sogar drei) Größen zur vollständigen Beschreibung des Zustands eines Ein- oder Ausgangs benötigt. Typischerweise werden dazu die Größen Druck und Volumenstrom gewählt. Da damit insgesamt zwei Eingangs- und zwei Ausgangsgrößen vorliegen, kann die Übertragungsfunktion keine skalare Funktion mehr sein. In diesem Fall muss die Übertragungsfunktion zu einer Übertragungsmatrix mit 2 ∙ 2 = 4 Einträgen erweitert werden.

Was kann aus der Übertragungsmatrix berechnet werden?

Ist die Übertragungsmatrix bekannt, so lassen sich daraus die Lagen der Resonanz- und Tilgerfrequenzen des betreffenden Bauteils für sämtliche Randbedingungen berechnen. Darüber hinaus kann aus den Einträgen der Übertragungsmatrix das Durchgangsdämpfungsmaß (engl. „transmission loss“) bestimmt werden, das Aussagen über das frequenzabhängige Durchlass- und Dämpfungsverhalten des Prüflings macht. Je größer das Durchgangsdämpfungsmaß eines Bauteils ausfällt, umso stärker behindert dieses den Transport von Schwingungsenergie. Die Vierpol-Übertragungsmatrix kann außerdem eingesetzt werden, um Zeitbereichsmodelle von Schlauchleitungen und anderen Bauteilen mit komplexem Materialverhalten durch Optimierungsrechnungen so zu parametrieren, dass ihr dynamisches Verhalten demjenigen des Originals entspricht. Wird das untersuchte Bauteil als Leitungsabschluss eingesetzt, so kann aus der Vierpolmatrix außerdem die Eingangsimpedanz dieses Abschlusses ermittelt werden.

Einträge T11, T12, T21 und T22 der Vierpol-Übertragungsmatrix eines Prüflings, berechnet mit dem hauseigenen Analysetool

Durchgangsdämpfungsmaß eines Prüflings, berechnet mit dem hauseigenen Analysetool

Wie lassen sich die Übertragungsmatrizen von Bauteilen ermitteln?

Bei Bauteilen mit simpler Geometrie und einfach zu beschreibendem Werkstoffverhalten (z. B. einem Stahlrohr) kann die Übertragungsmatrix auf rein theoretischem Wege durch Lösen der strömungsmechanischen Erhaltungsgleichungen berechnet werden. In der Praxis wird die erfolgreiche Anwendung dieses Ansatzes durch den Umstand erschwert, dass die Materialparameter vieler der in fluidtechnischen Systemen verwendeten Leitungswerkstoffe (z. B. Polyamide oder Fluorkautschuke) nicht genau bekannt sind. Die unbekannten Eigenschaften dieser Wandungsmaterialien können zudem von der Frequenz (Viskoelastizität) oder vom Druck und der Temperatur abhängen, was zusätzliche Unsicherheiten bedingt. Ist die Geometrie des Bauteils darüber hinaus noch so komplex, dass sich die daraus resultierenden Geschwindigkeits- und Druckverteilungen nicht mit der eindimensionalen Wellentheorie einfach berechnen lassen, ist der theoretische Ansatz vollständig zum Scheitern verurteilt. Abhilfe schafft hier die schnelle und kostengünstige experimentelle Ermittlung der Vierpol-Übertragungsmatrix durch Messung am tatsächlichen Bauteil.

Experimentelle Ermittlung der Übertragungsmatrix

FLUIDON steht zur experimentellen Bestimmung der Übertragungsmatrizen von hydraulischen Bauteilen ein hauseigener Prüfstand zur Verfügung. Die Messung erfolgt nach der „two source“-Methode. Dabei wird das zu untersuchende Bauteil an seinem Ein- und Ausgang mit je einer Messleitung verbunden. Jede der beiden Messleitungen ist mit zwei Drucksensoren ausgestattet. Der Prüfling wird nun in zwei getrennt durchzuführenden Messungen jeweils von einer Seite durch eine Pulsationsquelle (z. B. eine Pumpe oder ein Ventil) zum Schwingen angeregt, was von den insgesamt vier Drucksensoren aufgezeichnet wird. Durch die Verwendung von Messleitungen mit theoretisch berechenbarem Übertragungsverhalten kann aus den fouriertransformierten Signalen von zwei nebeneinanderliegenden Drucksensoren ein Volumenstrom im Frequenzbereich ausgerechnet werden. Damit lassen sich für jede der beiden Messungen die Drücke und Volumenströme am Aus- und Eingangsflansch des zu untersuchenden Bauteils ermitteln, die durch die noch unbekannte Vierpol-Übertragungsmatrix des Prüflings miteinander verknüpft sind. Dies entspricht einem Gleichungssystem mit vier Gleichungen und vier Unbekannten (den Elementen der Übertragungsmatrix), das eindeutig nach den Einträgen der Übertragungsmatrix aufgelöst werden kann. Die gesamte Auswertung erfolgt dabei komfortabel durch ein hauseigenes DSHplus-Analysetool.

Eine mögliche Frequenzabhängigkeit der Eigenschaften des Wandwerkstoffs wird bei dem zum Einsatz kommenden Messverfahren automatisch berücksichtigt. Für den Fall, dass die Eigenschaften des Wandmaterials zusätzlich vom Druck oder der Temperatur abhängen, muss die Messung bei verschiedenen Betriebspunkten durchgeführt werden. In diesem Fall ergibt sich für jedes Druck- oder Temperaturniveau eine andere Übertragungsmatrix. FLUIDON verfügt über die Möglichkeiten, Übertragungsmatrizen bei stationären Druckniveaus von 0 bis 8 bar (relativ) und im Temperaturbereich von – 20 °C bis 50 °C zu messen. Auf Anfrage sind Messungen bei höheren Drücken und Temperaturen realisierbar.

Sämtliche Dienstleistungen rund um die experimentelle Ermittlung der Übertragungsmatrix – von der Messung über die Auswertung bis zur Ergebnisinterpretation und -verarbeitung – werden dabei von FLUIDON „aus einer Hand“ angeboten.

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