Fluid-Struktur-Interaktionen (FSI)
Wozu wird die FSI-Bibliothek benötigt?
Bei der rechnerischen Auslegung von fluidtechnischen Systemen wird häufig von unendlich steifen Rohrleitungen ausgegangen. Bei der Berechnung von kurzen Metallleitungen mit geringen Innendurchmessern und großen Wandstärken ist diese Vereinfachung in der Regel zulässig.
Für schlanke, mit großen Stützweiten gelagerte Rohre und Leitungen mit Richtungswechseln (Krümmer, Kniestücke) ist diese Annahme meist nicht gerechtfertigt und führt ggf. zu falschen Vorhersagen über das Betriebsverhalten oder die Lebensdauer des Systems. Solche Situationen finden sich beispielsweise bei Kraftstoff-Unterbodenleitungen in PKW, Hydraulikrohren in Flugzeugen und vielen Förderleitungen in der Verfahrenstechnik. Bei derartigen Systemen beeinflussen sich die Bewegungen der endlich steifen Rohrwand und des Fluids im Inneren der Leitung gegenseitig, was sich in unerwünschten Erscheinungen wie Lärm, Leitungsschlagen oder sogar Ermüdungsbrüche äußern kann.
Die neue FSI-Bibliothek berücksichtigt diese Wechselwirkungen in der 1D-Hydrauliksimulation.
Berücksichtigte Freiheitsgrade der FSI-Rohrmodelle.
Was leistet die FSI-Bibliothek?
Die Leitungsmodelle der konventionellen Leitungsbibliothek lösen die Impuls- und Kontinuitätsgleichung für das Fluid, um so die zeitliche und räumliche Entwicklung der Zustandsgrößen Druck p und Volumenstrom Q zu ermitteln. Bei den FSI-Bauteilen werden zusätzlich zwölf Gleichungen für die sechs Freiheitsgrade (mit je einer Kraft- und Weggröße) der Rohrwand gelöst. Die berücksichtigten Freiheitsgrade der Rohrwand sind in der nebenstehenden Abbildung dargestellt. Das 14-Gleichungs-Modell der FSI-Bibliothek erlaubt die Berücksichtigen der folgenden Phänomene:
- Torsion der Rohrleitungen um ihre Längsachse
- Biegung der Rohrleitungen unter Einbeziehung der trägen Masse des Fluids und Querkraftschub
- Elastische oder viskoelastische Leitungsbefestigung, z. B. durch Kunststoffschellen („clamping units“)
- Kopplung von axialen Spannungen in der Rohrleitung dem Druck des Fluids (POISSON-Effekt)
- Umlenkung von Kräften und Momenten an Krümmern und Kniestücken
Bibliotheksumfang
Zur Abbildung der verschiedenen Systemkonfigurationen stellt die FSI-Bibliothek die folgenden Bauteilmodelle zur Verfügung:
- Rohrleitung
- Kniestück bzw. Krümmer
- Leitungsbefestigung mit elastischem oder viskoelastischen Materialverhalten
- Widerstand (zur Abbildung von Ventilen usw.)
- Rohrabschluss mit Druckvorgabe
- Rohrabschluss mit Massenstromvorgabe (auch geeignet zur Abbildung von „geschlossenen“ Leitungsenden)
Ergebnisaufbereitung
Soll die Druckschwingungsanalyse primär zur Bewertung von Bauteilbelastungen eingesetzt werden, so können die leitungsinternen mechanischen Größen (Kräfte, Momente und Verschiebungen) genauso wie die Druckpulsation als 3D-Diagramm visualisiert werden. Da das Diagramm auf einer Achse die gestreckte Länge der Rohrleitung abbildet, erhält der Projekteur einen Überblick darüber, ob sich ermüdungskritische Anlagenteile (z. B. geschweißte Verbindungen) in den Bereichen hoher dynamischer Belastung befinden. Auf der anderen Achse kann die Frequenz der Belastung abgelesen werden. Die hydraulischen Eigenfrequenzen der Leitung sind in den Diagrammen durch gestrichelte horizontale Linien gekennzeichnet. Vertikale Linien markieren die Positionen der Befestigungspunkte und der Rohrbögen.
Weitere Informationen zum Thema Fluid-Struktur-Interaktion finden sich in unserem Beitrag „Dynamische Lastfälle im Rohrleitungssystem - Teil III“, der hier online abgerufen werden kann.